OLG München, Beschluss vom 7.6.2018
Aktenzeichen 2 Ws 115/18 B

Stichpunkte

Entscheidung im Beschwerdeverfahren; Beschäftigung von unter Mindestlohn tätigen Arbeitnehmer*innen; Sicherung der Einziehung von Taterträgen nach § 29a OWiG und § 111e StPO; kein Abzug des tatsächlich gezahlten Arbeitslohnes nach § 29a Abs. 3 S. 2 OWiG

Zusammenfassung

Das Oberlandesgericht München (OLG) bestätigt die Sicherung der Einziehung des Tatertrags in Höhe von 500.429,00 EUR (Vermögensarrest) und weist die hiergegen gerichtete weitere Beschwerde zurück.

Die Firma F ist ein Bauunternehmen ungarischen Rechts mit Sitz in Budapest und einer unselbständigen Zweigstelle in Regensburg. Es besteht der dringende Verdacht, dass die Verantwortlichen der Firma F weniger Arbeitsstunden aufgezeichnet und vergütet haben, als ihre Arbeitnehmer*innen tatsächlich geleistet haben. Die Verantwortlichen der Firma F sind also dringend verdächtig, nicht den gesetzlichen Mindestlohn an die Arbeitnehmer*innen ausgezahlt zu haben. Das Amtsgericht München ordnete daher vorsorglich die Sicherung von Vermögen (Arrest) in Höhe von 500.429,00 EUR an, um die nach einer möglichen Verurteilung erfolgende Einziehung des Tatertrags zu sichern.

Das OLG bestätigt die Sicherung des Geldbetrages in voller Höhe. Es bestünden dringende Gründe für die Annahme, dass die Einziehung gegen die Firma F in der Zukunft angeordnet werde.

Der einzuziehende Betrag richte sich nach § 29a Abs. 1 S. 1 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) n.F., wonach das Erlangte der Firma F die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung ihrer Arbeitnehmer*innen sei. Der Wert dieser Arbeitsleistung bestimme sich nach dem jeweils geltenden Mindestlohn. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage komme es nicht mehr darauf an, dass der erlangte Vorteil unmittelbar aus der Tat resultiere, die Abschöpfung also spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entspreche. Es reiche aus, dass der Vorteil mittelbar durch die mit Geldbuße bewehrte Handlung erlangt worden sei. Denn durch die Unterbezahlung der Arbeiter*innen konnte die Firma F ihre Leistungen günstiger anbieten als andere Firmen, die den gesetzlichen Mindestlohn nicht unterschreiten. Es sei naheliegend, dass die Firma F auch nur wegen der geplanten Lohnunterschreitung und ihres günstigen Angebotes den Bauauftrag erhalten habe. Um den Bauauftrag erfüllen zu können, hätte die Firma F die Arbeiter*innen einsetzen und geringer entlohnen müssen, um den geplanten Vermögensvorteil zu erhalten.

Der von der Firma F tatsächlich gezahlte Arbeitslohn sei gem. § 29a Abs. 3 S. 2 OWiG auf den zu sichernden Geldbetrag nicht anzurechnen, da die Zahlung eines zu geringen Arbeitslohns ein Teil der Begehung der Ordnungswidrigkeit gewesen sei. Daher könne der volle Wert der erbrachten Arbeitsleistung ungekürzt gesichert werden.

 

Entscheidung im Volltext:

OLG_Muenchen_07_06_2018 (PDF, 52 KB, nicht barrierefrei)

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